Portrait
Die Geschichte des Belcanto liegt in Italien. Wen wundert es daher, daß gerade bei einer Chorfahrt des Kölner Händel-Collegiums in den sonnigen Süden im Jahre 1987 einige Teilnehmer, inspiriert durch Wein, Sonne und Gesang, beschlossen, einen eigenen Kammerchor zu gründen. Der ungeübteste Sänger unter diesen wurde kurzerhand als Chorleiter verpflichtet und hört bis heute auf den Namen "Flocki". Um Flocki scharten sich neben den Gründungsmitgliedern bald weitere Freunde der Sangeskunst.
Das erste Konzert des so entstandenen "Kammerchores der Universiät zu Köln" fand zur Weihnachtszeit in "Christi Auferstehung" statt. Das dem Chor zahlenmäßig unterlegene und daher um so geduldigere Publikum durfte als Höhepunkt des einstündigen Abends ein einminütiges A-Cappella-Stück genießen.
In den Entstehungsjahren des Chores war eine hohe Fluktuation seiner Mitglieder zu verzeichnen. Vor allem Tenöre waren chronisch in der Minderheit. So behalf man sich, indem Altistinnen als Tenöre eingesetzt wurden: Andrea mußte in ihrem ersten Konzert die Tenorstimðme alleine bestreiten. Auch Bässe schwangen sich gezwungenermaßen in höhere Stimmlagen auf.
Diese Pseudotenöre durch richtige zu ersetzen, war allerdings leider auch nicht immer der Weisheit letzter Schluß. In einem der ersten Weihnachtskonzerte sollte Markus (auch damals schon ein Tenor) für eine Messe eine Intonatio singen, begann aber mit falscher Melodie und falschem Text (etwa "Gloria" statt "Credo"), führte dies tapfer zu Ende, wendete sich ans Publikum mit den Worten "Oh, Entschuldigung" und sang dann endlich das Richtige. Alles in allem macht dies deutlich, daß der Sonderstatus, den der Tenor gnadenlos durch niveauloseste Kommentare und die sogenannte Tenorwitze ausnutzt, historisch bedingt ist.
Tenorwitze sind Wortketten, die Tenöre von sich geben, um sich dann anschließend darüber kaputt zu lachen. Über die anderen Stimmgruppen läßt sich verhältnisäßig wenig sagen: Der Baß zeichnet sich dadurch aus, daß er tief singen und viel trinken kann; der Sopran zeichnet sich dadurch aus, daß er hoch singen und wenig trinken kann; und der Alt hat auch seinen Spaß.
Seit den letzten 5 bis 6 Jahren ist die Besetzung des Chores mit 25 bis 30 Mitgliedern relativ konstant. Erfreulich ist, daß zunehmend Gründungsmitglieder, die aus dem einen oder anderen Grund den Chor verlassen haben, wieder mitsingen und -trinken.
Ebenso erfreulich sind auch die zahlreichen geschwisterlichen und partnerschaftlichen Beziehungen der Chormitglieder untereinander.
In den ersten Jahren wurde fast ausschließlich Alte Musik gesungen. Nach und nach arbeitete sich der Chor über Klassik, Romantik und der Moderne bis hin zu Popsongs chronologisch vor. Der Schwerpunkt des Repertoires liegt mittlerweile auf A-Cappella-Werken, allerdings werden daneben auch Werke mit einem kleinen Kammerorchester aufgeführt. Bemerkenswerterweise besuchen nach wie vor Leute unsere Weihnachtskonzerte, obwohl seit 10 Jahren fast identische Programme gesungen werden. Absolute Spitzenreiter sind "Es ist ein Ros entsprungen" und "Oh, Jesulein zart". Neben den jährlichen Weihnachtskonzerten finden im allgemeinen im Sommer weltliche Konzerte statt. Auch auf Hochzeiten, auch aus den eigenen Reihen (ein Baß übertreibt es allerdings mit dem ständigen Heiraten), ist ein Ständchen des Chores sehr beliebt.
Tonangebend im Chor ist natürlich Flocki. Obwohl während der Proben niemand von ihm Notiz nimmt, gelingt es ihm immer wieder durch gezielten Einsatz seiner Lieblingswitze, für kurze Zeit die Aufmerksamkeit des Chores auf sich zu ziehen. Auf diese Weise schafft er es perfekt, die Balance zwischen Musizieren und Geselligkeit aufrecht zu halten. Neben Rampenwitzen oder "VORBEI, die Zeitschrift für den kurzsichtigen Jäger" gehören zu Flockis Lieblingswitzen besonders Schildkrötenwitze. Für die Geschichte des Chores von Relevanz ist natürlich auch das "Haus Keldenich", in welchem neben dem Verzehr köstlichen Bieres alle wichtigen Chorentscheidungen getroffen werden. Nicht zuletzt dank der stets freundlichen und aufmerksamen Hanka sind die Nachsitzungen im Keldenich Ereignisse, auf die man sich die ganze Woche freuen kann und die immer viel länger andauern als die Probe selber.
Darüber hinaus wurden zumindest in früheren Jahren diverse Chorfeten abgehalten und in den letzten drei Jahren Probenwochenenden in Bronsfeld bei Schleiden organisiert, bei welchen wie stets, viel gesungen und getrunken wird. In Bezug auf Chorfahrten darf auch Venedig nicht ungenannt bleiben: Flocki fährt sowieso ständig nach Venedig, und seit etlichen Jahren haben sich auch immer wieder Chormitglieder über Silvester angeschlossen. Unvergessen sind die Abende bei Osvaldo, die Mittagessen bei der "Mamma" und die Konzerte in Santa Maria Formosa mit anschließendem Besäufnis ("Toifel-Bräu"!) bei Don Trucolo.
von: Nicole Guntermann und Frank Nübel